Offene Deutsche Jugendmeisterschaft Oberhof

von Nicholas Strauch und Wolfram Schneider, 3.09.2010

Vor einiger Zeit berichtete ich schon über die Deutsche Jugendeinzelmeisterschaft in Oberhof. Nicholas Strauch spielte dort das Offene Turnier der U14. Jetzt hat er uns seine Eindrücke aufgeschrieben über sein erstes großes Turnier. Und es ist ein lesenswerter, frischer und lebendiger Erlebnisbericht geworden.  Im Anschluß folgt seine beste Partie.

Nicholas schreibt:

Ich hatte unheimlich viel Spaß in Oberhof und würde es wohl auch wieder machen.

In Gedanken beschäftigte ich mich schon Monate vorher mit diesem Turnier und mit jeder Woche, die es näher kam, wurde ich nervöser, und fragte mich, ob ich mich auf das Richtige eingelassen hatte. Noch in der Woche vor Oberhof war ich auf Klassenfahrt in Österreich. Es setzte mich zusätzlich unter Druck, dass das Turnier unmittelbar darauf folgte. Mir stand noch eine Woche Prüfungen bevor und das Schach kam mir nun auch noch in die Quere.

Als ich im Oberhofer Hotel ankam, war ich nervös und wäre am liebsten gleich wieder heimgefahren. Dass ich mir in Österreich eine Erkältung eingefangen hatte, machte die Sache auch nicht besser. Die Eingangshalle des Hotels war ein Chaos. Hunderte von Kindern mit ihren Eltern wollten einchecken und sich fürs Turnier anmelden. Ich hatte noch nie ein Turnier gespielt, das nicht nur ein oder zwei Tage dauerte, sondern über eine ganze Woche ging mit so vielen und starken Spielern. Ich hatte keine Idee, was da abging. Das war bestimmt nicht normal. Es dauerte eine Weile, bis es in meinen Kopf hinein ging und ich einchecken konnte. Endlich kam ich aufs Zimmer und fand etwas Ruhe. Im Hotel wurde es noch voller, weil immer mehr Teilnehmer eintrafen.

Nach den ersten Tagen pendelte sich alles ein und ich gewöhnte mich an die tägliche Routine. Es war wichtig, nicht zu verschlafen. Meine Partien waren gewöhnlich morgens um 8:30 Uhr oder 9:00 Uhr und wer nicht pünktlich vor Rundenbeginn da war, verlor kampflos. Zum Glück verschlief ich nie, aber vielleicht gerade deshalb, weil ich zu viel Angst davor hatte.

Nach den Partien und vor der Auslosung für die Runde am nächsten Morgen konnte ich mich entspannen und zum Essen gehen. Das Essen war überraschend gut. Es war abechslungsreich und es gab immer etwas, was ich gerne esse. Kurz nach dem Abendessen wurden die Paarungen für die nächste Runde bekanntgegeben. Kaum dass sie aushingen, konnte man fühlen, wie im Hotel die Spannung stieg und Spieler und Trainer schnell begannen einzuschätzen, welche Aufgaben in der nächsten Runde warten würden.

Obwohl die meiste Zeit des Nachmittages draufging für Vorbereitung auf die nächste Partie, konnte mich das nicht davon abhalten die anderen Angebote zu nutzen. So konnte man auf der berühmten Oberhofer Bobbahn Sommerbob fahren, klettern, wandern, schwimmen und vieles andere. Die größte Attraktion war zweifellos "Kids Planet", ein Spielparadies, richtig groß im Vergleich zum Hotel. Immer wenn ich zwischendurch etwas freie Zeit hatte und mußte nicht irgend etwas anderes tun, ging ich da hin. Dort konnte ich wirklich abschalten und den unvermeidlichen Druck loswerden, der durch das Turnier und die Vorbereitung entstand,

Die Woche ging vorbei wie im Fluge und mit jedem Tag fühlte ich mich wohler. Am letzten Abend gab es eine tolle Siegerehrung, die sehr unterhaltsam war. Neben den Pokalen und anderen Preisen für die Besten wurden Bilder und Videos der abgelaufenen Woche gezeigt. Jeder schaute natürlich, ob er auch darin vorkam. Es gab auch ein eindrucksvolles Feuerwerk, das mit Musik begleitet war, die dem ganzen eine besondere Atmosphäre verlieh.

Es war eine harte Woche, die aber auch viel Spaß machte und vor allem eine große Erfahrung, bei der ich unheimlich viel gelernt habe.
[Aus dem Englischen übertragen von Wolfram Schneider]

Hier die Partie, die nach Nicholas' eigenen Angaben seine beste war. Dem stimme ich (Wolfram) voll zu. Nicholas zeigte, wie gut er diese Eröffnungsvariante versteht (bemerkenswert für sein Alter) und sein Gegner fand eben gar kein Rezept für diese ihm offenkundig fremde Art Sizilianisch zu spielen. [Anmerkungen von Wolfram Schneider]

Ihr könnt seine Partien nachspielen unter diesem Link und diese Partie mit Ankerkungen hier downloaden

(9) Strauch,Nicholas (1231) - Dittrich,Tom (1074) [B25]
ODEM U14 Oberhof (4.14), 26.05.2010

1.e4 c5 2.Sc3 d6 3.g3 Sc6 4.Lg2 Sf6 5.d3 g6 6.f4 Lg7 7.Sf3 Sd7 Ab jetzt liegt Sd5 in der Luft ... 8.0–0 0–0 9.h3 a6 10.g4 b5 Es war Zeit für _e6 11.De1 Lb7 12.f5

Diagr 1

Der weiße Angriff baut sich ungestört auf.

12...Dc7 13.Dh4 Tab8

[Schwarz muß sich endlich gegen den aufziehenden Angriff verteidigen, auch wenn das andere Schwächen erzeugt, z.B. 13...f6 14.Sd5 (auch 14.g5 ist möglich) 14...Dd8 (14...g5 15.Lxg5) 15.Lh6 g5 16.Lxg5 fxg5 17.Sxg5 h6 18.Se6 De8 19.Sxg7 Kxg7 20.Sc7 Df7 21.Sxa8 Lxa8 22.g5]

14.Lh6 Lxh6

[Mehr Widerstand bietet 14...Lf6 15.g5 Lg7 (15...Ld4+ 16.Sxd4 cxd4 17.Sd5) 16.f6 exf6 17.Lxg7 Kxg7 18.Dh6+ Kh8 19.gxf6 Sxf6 (19...Tg8 20.Sg5) 20.Sg5]

15.Dxh6 Sf6 16.Sg5 Sd4 17.fxg6 fxg6 [Natürlich nicht 17...hxg6?? 18.Txf6] 18.Sd5 Lxd5

[18...Dd7 19.Sb6 De8 20.Txf6 Txf6 21.Dxh7+ Kf8 22.Dh8#]

19.exd5

Diagr 2

Hier endete jäh der Widerstand:

Sxc2?? 20.Se6 Db6 21.Dg7# 1–0

[Interessant geworden wäre es, wenn Schwarz statt 19... Sxc2?? z.B. 19...Dd7 gespielt hätte:

Diagr 3

Variante: 19....Dd7. Weiß am Zug gewinnt

Hier gibt es eine hübsche Wendung. Seht ihr sie? Ihr seid jetzt einmal aufgefordert, den Gewinnweg zu finden. Siehe auch die nächste News.

Kommentar schreiben

Email-Benachrichtigung bei neuen Kommentaren

Botprotect abtippen*:

* Pflichtfelder